Schmerzen? Wo liegt das eigentliche Problem?
Als ich letztens den Hügel hinter meiner Wohnung hochlief, spürte ich Schmerzen im rechten Oberschenkel. Aha, ein einseitiger Muskelkater! Am Wochenende war ich mit Freunden in den Bergen unterwegs, habe dabei vor lauter Unterhaltung nicht auf meinen Körper Acht gegeben und bin wohl in meine alte Schiefe zurückgefallen. Den Muskelkater habe ich als fast willkommene Erinnerung daran empfunden. Denn wenn ich weiter so einseitig laufe, dann wird mein Körper früher oder später einen Schaden davontragen. Solche Verletzungen durch Überlastung passieren bei Pferden auch häufig.
Natürlich entstehen viele Verletzungen durch Unfälle, wenn ein Pferd beispielsweise ausrutscht und eine Sehnenverletzung erleidet. Andere Schäden werden durch suboptimale Bedingungen, wie einen schlecht passenden Sattel oder falsche Hufbearbeitung, verursacht. Außerdem entstehen viele chronische Schmerzen durch Abnutzung oder Verschleiß.
Liegt eine Verletzung vor, neigen wir dazu, alle unsere Bemühungen auf das Körperteil zu konzentrieren, das weh tut - und eine Behandlung dieses Körperteils ist in der akuten Phase ja auch notwendig. Aber warum ist ein bestimmter Bereich abgenutzter als die anderen? Das müssen wir uns auch fragen! Wir glauben oft, dass es sich halt einfach um eine Schwachstelle handelt. Das kann auch stimmen, wenn ein Pferd einen ungünstigen Körperbau hat, wie zum Beispiel weiche Fesseln. Aber meistens ist die Ursache ein ineffizienter Bewegungsablauf.
Sehen wir uns die Thematik deshalb aus einem anderen Blickwinkel an: Bei einem optimalen Bewegungsmuster wird die Belastung auf viele Körperteile verteilt. Welche Körperteile beteiligt sind, entscheidet das Gehirn. Manchmal werden aus verschiedenen Gründen, z. B. aufgrund einer alten Schonhaltung, bestimmte Körperteile vom Gehirn nicht aktiviert. Das bedeutet, dass andere Bereiche mehr Arbeit leisten müssen als ursprünglich vorgesehen. Diese leiden dann vermehrt unter Verschleiß.
Was wäre aber, wenn wir eine Möglichkeit hätten, diese „faulen“ Körperteile wieder zu aktivieren, um die überbeanspruchten Bereiche zu entlasten? Oh, warte, die haben wir ja! Und zwar mit sensomotorischem Input. Für Menschen ist Feldenkrais ein gut geeigneter Weg, um die Körperwahrnehmung zu erhöhen. Bei Pferden bietet sich das Tellington TTouch Training an, das teilweise von Feldenkrais inspiriert ist.
Ein praktisches Beispiel, um zu erklären, wie TTouches helfen können, ist das Reiten eines Pferdes auf einer gebogenen Linie. Biegt sich das Pferd dabei nicht korrekt, dann werden seine Beine ungleichmäßig belastet; langfristig erhöht das die Verletzungsgefahr. In dem kleinen Wörtchen „Biegung“ verstecken sich viele körperlichen Vorgänge. Die Muskulatur verkürzt oder verlängert sich (je nachdem, ob wir die innere oder die äußere Seite betrachten), das äußere Schulterblatt gleitet weiter nach vorne, die unterschiedliche Krümmung der Rippen führt zu einer Rotation des Brustkorbs und, und, und.... . Zusätzlich zur korrekten Hilfengebung beim Reiten kann man TTouches nutzen, um all diese Bereiche anzusprechen. Achtsame Kreise an einer spezifischen Körperstelle erhöhen nämlich die Menge an Informationen, die von dieser an das Gehirn geschickt werden (vermutlich geschieht dies über die oberflächlichen Faszien). Die so angeregten Bereiche werden sozusagen wieder „aufgeweckt“ oder „eingeschaltet“. Rippen lösen, Schulter lösen, Beinkreise, Hals biegen, Genick lösen – all das sind TTouches, die das Zusammenspiel der Körperbereiche beim Biegen fördern. Damit wird die Last auf einzelne Körperteile reduziert und Verletzungen vorgebeugt.
Fazit: Die Tellington TTouches wirken nicht nur entspannend, sie beugen auch Verletzungen vor und erhalten die Gesundheit des Pferdes!