Vor zwei Wochen unterrichtete ich einen kurzen Centered Riding Dismounted Workshop. Diese Workshops finden ohne Pferd statt und sind eine exzellente Gelegenheit, um ohne großen Aufwand Centered Riding kennenzulernen und einige Konzepte am Boden auszuprobieren.
Zu den Grundlagen von Centered Riding gehört das Reiten mithilfe innerer Bilder. Der Fachbegriff dazu heißt Ideokinese; sie baut auf der Idee auf, dass wir tief liegende Muskeln beeinflussen können, indem wir unsere Vorstellungskraft nutzen. Eric Franklin erweiterte diesen Gedanken und unterschied zwischen metaphorischen, anatomischen und emotionalen inneren Bildern. Centered Riding nutzt hauptsächlich metaphorische Bilder, wie zum Beispiel: „Stell dir vor, deine Arme und Hände seien weiche Gartenschläuche und lasse das Wasser durch sie hindurch zum Pferdemaul strömen.“*
Die Anweisungen unserer ReitlehrerInnen führen leider oft zu Fehlinterpretationen. Als wir an diesem Wochenende über die Ausrichtung der Wirbelsäule im Leichten Sitz redeten, erzählte eine Teilnehmerin, dass ihr Reitlehrer sie beim Springen immer ermahnte, ihr Gesäß rauszustrecken, was dazu führte, dass sie in ein extremes Hohlkreuz verfiel. Seine Anweisungen waren nicht falsch, vermutlich meinte er, sie solle ihr Gesäß mehr Richtung Hinterzwiesel des Sattels verlagern. Seine Schülerin verstand aber, dass sie im leichten Sitz ihr Gesäß nach oben strecken sollte und kippte dadurch ihr Becken.
Auch innere Bilder können ihr Ziel verfehlen. Um das Konzept des Zentrierens zu veranschaulichen, wird beispielsweise häufig das Bild „eine Kugel in ihr Nest sinken lassen“ verwendet. Eine Teilnehmerin des Workshops machte jedoch darauf aufmerksam, dass sie dieses Bild dazu verleitet, Muskelkraft aufzuwenden, um die Kugel nach unten zu „saugen“ - was das Gegenteil der eigentlichen Absicht dieses Bildes ist.
Das heißt: Obwohl innere Bilder fantastische und effektive Lernhilfen sind, müssen wir immer überprüfen, ob sie die gewünschte Verbesserung tatsächlich erbringen. Und wie? Visuelles Feedback ist natürlich super. Am besten, aber nicht immer möglich, ist es, Unterricht bei einem Trainer oder einer Trainerin zu nehmen, denn da erfolgt das Feedback unmittelbar. Als zweitbestes sind Spiegel in der Reithalle, Fotos oder noch besser Videoaufnahmen.
Glücklicherweise haben wir beim Reiten auch unseren eigenen Spiegel immer mit – unsere Pferde. Wenn ein Pferd ohne zusätzliche Hilfengebung flüssiger und korrekter läuft, kann man ziemlich sicher sein, dass die Bilder eine positive Veränderung hervorgerufen haben.
Außerdem enorm wichtig ist das Gefühl für unseren eigenen Körper - etwas, das vielen Reitern leider verlorengegangen ist. Je mehr wir wieder lernen, auf unseren Körper zu hören, desto besser können wir für uns selbst entscheiden, ob eine Haltungs- oder Bewegungsveränderung positiv ist. Werde ich dabei stabiler? Wird die Anstrengung bei einer Bewegung weniger? Ermüde ich dabei langsamer? Kann ich besser atmen? Je mehr Fragen ich mit „Ja!“ beantworten kann, desto besser hat mein inneres Bild funktioniert.
* “Centered Riding 1“ von Sally Swift