Auszug aus meinem Tagebuch
Ich bin nicht die, die ich einmal war
In meiner Gegend haben in letzter Zeit einige Reitschulen zugemacht. Und so kommt es, dass ich wieder einige Kinder als Reitschüler annahm, mit der Voraussetzung, dass ein für Kinder geeignetes Pferd zur Verfügung steht.
Vor über 20 Jahren, lange bevor ich mit Centered Riding oder Tellington TTouch in Berührung kam, arbeitete ich einige Jahre lang in einem Reitbetrieb nicht weit von hier entfernt. Die Kinder, die ich damals unterrichtete, sind heute erwachsen. Ich freue mich jedes Mal, wenn wir uns zufällig begegnen, besonders wenn ich erfahre, dass Pferde noch eine Rolle in ihrem Leben spielen.
Eine ehemalige Schülerin ist die Tante einer meiner neuen Schülerinnen und leiht uns großzügig ihre entzückende Stute für den Unterricht. Letzte Woche redeten wir beiläufig über unfreiwillige Abstiege von Pferden und sie erinnerte mich daran, dass sie einmal in einer Gruppenstunde, die ich unterrichtete, dreimal in Folge herunterfiel.
Ich war entsetzt! Zu so einer Situation würde ich es heutzutage niemals kommen lassen! Ich habe in zwanzig Jahren so viel dazugelernt, dass ich viel schneller und stressfreier Probleme lösen kann. Ich habe auch gelernt, zu gestehen, wenn ich keine Lösung weiß, und gelernt, andere Experten (vor allem Tierärzte) um Rat zu bitten. Anscheinend habe ich damals aber trotzdem viel Gutes bewirkt, denn meine ehemaligen Schülerinnen haben Großteils sehr positive Erinnerungen an diese Zeit.
Was ich damit sagen möchte: Jeder, der von seinem Beruf begeistert ist, verändert sich. Wir sammeln Erfahrungen und bilden uns weiter. Manchmal resignieren wir kurz und laufen Gefahr, die jugendliche Leidenschaft zu verlieren. Aber dann finden wir unsere Passion doch wieder. Tatsache ist, nach zwanzig, zehn oder sogar schon fünf Jahren sind wir andere Menschen, egal ob Reitlehrer, Pferdetrainer, Sattler oder Tierarzt. Aber andere in unserer Umgebung, besonders wenn wenig Kontakt besteht, sehen nur das alte Bild von uns. Für manche werde ich ewig die Kinderreitlehrerin sein – nicht, dass ich mich dafür schäme (ich finde, ich bin durch all meine Ausbildungen und Erfahrungen sogar eine bessere Kinderreitlehrerin geworden), aber tatsächlich ist das heute nur mehr ein sehr kleiner Teil meines Tuns.
Das ist auch der Grund, warum ich nie einen Fachmann auf Grund einer Erfahrung, die länger zurückliegt, beurteilen würde. In dem Punkt sollte sich auch die restliche Reiterwelt manchmal selbst an der Nase nehmen – denn immer wieder geht es ganz schön ungerecht zur Sache, wenn in einer Runde über Fragen wie „Welchen Sattler hole ich für mein Pferd?“ diskutiert wird.