Bellavista – ein schöner Blick in Richtung einer pferdefreundlichen Zukunft oder
neun Gründe, warum ich von meiner letzten Tellington TTouch® Fortbildung begeistert war!
1) Senza confini
Einer meiner Träume ist es, Reisen und Reiten kombinieren zu können. Anfang 2020 sah es so aus, als wäre ich auf einem guten Weg, diesen Traum zumindest zeitweise zu realisieren. Das Highlight des Jahres wäre eine geplante Reise nach Costa Rica gewesen, um als Assistentin auf einem Retreat mit Pferden zu arbeiten. Wir wissen alle, was dann kam. Grenzen bekamen eine andere Bedeutung. In den folgenden 18 Monaten floss all meine Energie in das Projekt „Familienbesuch“ und das Reisen zum Vergnügen wurde für zwei Jahre auf Eis gelegt.
Wenn man im Süden von Österreich wohnt, hat man glücklicherweise die Möglichkeit, recht schnell ins Ausland zu kommen. Kaum auf die Autobahn gefahren, sieht man die Länderkürzel „Slo“, „D“ und „I“. Da ich ursprünglich eine Inselbewohnerin bin, kommt mir das immer noch recht exotisch vor. Die längste Reise fängt bekanntlich mit dem ersten Schritt an und so war mein erstes Ziel beim zweiten Anlauf, meinem Traum näherzukommen, nur einen kleinen Sprung über die italienische Grenze entfernt. Ganz ohne Corona-Auflagen: Senza confini!
Diesmal war ich als Teilnehmerin für einen Kurs mit Linda Tellington-Jones angemeldet. Ich freute mich wahnsinnig, wieder Schülerin sein zu dürfen.
2) Die Gegend
Schon die Gegend rund um die kleine Ortschaft Aveacco in der Nähe von Udine ist wunderschön. Die meisten fahren auf der Autobahn vorbei, haben es eilig auf der Suche nach Sonne und Strand an der Oberen Adria. Aber als ich den sich an der Straße entlang schlängelnden Fluss, den Tagliamento, kreuzte und Richtung San Daniele (berühmt für seinen Prosciutto) abfuhr, fand ich entzückende alte Dörfer mit pittoresken Kirchen, deren Architektur ganz anders ist als die auf der anderen Seite der Karnischen Alpen. Diese Berge dominieren die Aussicht nach Norden und geben dem Kursort wohl seinen Namen. Meine Unterkunft, schnell aus der beiliegenden Kursinformation ausgesucht, entpuppte sich als eine kleine Oase. Das Agriturismo Borgo Floreani ist ein altes, steingemauertes Weingut, und ich und meine Kolleginnen und Kollegen wurden von dem sehr gastfreundlichen Ehepaar täglich mit einem köstlichen Frühstück verwöhnt. Ich habe fest vor, wiederzukommen, um hier ein paar Tage Urlaub zu verbringen.
3) Die Gastgeber der Fortbildung
Massimo de Ra und Silvia Torressani, ein Ehepaar, sind geographisch gesehen meine nächstgelegenen KollegInnen. Sie sind beide Tierärzte. Massimos Fachgebiet ist die Zahnheilkunde und Silvia spezialisiert sich auf Chiropraktik und TCM. Sie ist eine kleine Berühmtheit in Italien, weil sie auch die tierärztliche Leitung der schwedischen Springmannschaft innehat, die im letzten Jahr die Goldmedaille bei der Olympiade gewonnen hat. Beide sind Level 3 Tellington TTouch® Practitioner und ich war in den drei gemeinsam verbrachten Tagen unendlich beeindruckt von ihrem Können, Wissen und ihrem Umgang mit den Pferden. Vor kurzem haben sie ihren Traum wahr werden lassen und ein nagelneues Reha- und Zuchtzentrum eröffnet – Bellavista.
4) Die Anlage.
Südlich der Alpen gibt es auf einmal Weite - Platz genug für die großzügig angelegte Infrastruktur von Bellavista. Paddock-Boxen, ein Aquatrainer, Seminarraum, Springplatz, Longier-Zirkel und eine offene Reithalle sind dort weitläufig aufgestellt, was einen freundlichen Eindruck vermittelt. Am meisten sind mir aber die riesigen Wiesen aufgefallen. Da Schnee nur an ein paar Tagen im Jahr liegt, können sie ganzjährig benutzt werden. Rund um das Anwesen ist ein Schotterweg angelegt und als ich da entlangspazierte, fand ich mehrere Offenställe, in denen Pensionisten und Jungpferde wohnen.
5) Natürlich: Linda
Wie kann man die Lehre von Linda in ein paar Sätzen zusammenfassen? Eine unmögliche Aufgabe. Daher ein paar Highlights von allem, was ich mitnahm:
Die Tellington Philosophie ist es, den individuellen Körper, Geist und die Seele von jedem Pferd und jedem Reiter zu ehren.
Manche Reiter, deren Pferde ihnen zum Beispiel durch Schweifschlagen Hinweise geben, merken es einfach nicht. Lindas Erklärung dazu ist, dass die Reiter es gar nicht merken können, weil sie ihren eigenen Körper schlecht spüren.
Die Tellington TTouch Methode nutzt Techniken, welche auch die rechte Seite unseres Gehirns fördern. Die rechte Seite ist der Sitz von Kreativität, Intuition und - sehr wichtig - Mitgefühl.
Grenzen sind wichtig für die Sicherheit. Wenn ein Pferd seinen Körper nicht spürt, kann es keine Selbstkontrolle ausüben.
Zwischen all diesen Perlen von Weisheit, erzählte Linda auch von Elefanten und Eidechsen, denen sie mit TTouches zur Gesundheit verholfen hat. Sie leitete uns bei den TTouches an, nahm die aufgeregten Pferde selbst in die Hand und stieg am letzten Tag auch ganz selbstverständlich selbst auf‘s Pferd!
6) Die Pferde
Pferde sind die Hauptdarsteller solcher Kurse und es war eine gute Mischung dabei. Es gab ein paar routinierte Kleinpferde, die geduldig warteten, bis die unerfahrenen Teilnehmerinnen und Teilnehmer ihre Leinen und Gerten sortiert hatten. Konfetti und Kalimero waren zwei Vierjährige, die zur Ausbildung auf Bellavista waren. Obwohl sie die Anlage und ihre Aufgaben schon kannten, waren sie zuerst durchwegs von den vielen fremden Pferden und Menschen in der Halle verunsichert. Konfetti, eine Knabstrupper-Stute, brachte mich zeitweise wirklich an meine Grenzen! Dann gab es die Sportpferde, die teilweise richtig Qualität hatten. Ein paar Pferde waren auf Reha da und andere waren von den Teilnehmerinnen und Teilnehmern mitgebracht worden, in der Hoffnung, an bestimmten Problemen arbeiten zu können.
7) Die Teilnehmerinnen und Teilnehmer
Für die drei Tage waren etwa fünfundzwanzig Teilnehmerinnen und Teilnehmer sowie einige Zuschauer angemeldet. Anders als in Österreich, wo die Tellington Methode unter Turnierreitern wenig Zuspruch findet, waren hier die meisten Teilnehmerinnen und Teilnehmer Reitlehrer oder erfolgreich im Sport unterwegs. Manche brachten einige Vorkenntnisse mit, für andere war es die erste Begegnung mit der Tellington Methode. Es ist immer spannend zu beobachten, dass sich die meisten Fragen nicht auf die Techniken beziehen, sondern darauf, wie wir den Pferden mit Verständnis begegnen können.
Mein Vorteil war es, dass Linda auf Englisch unterrichtete. Massimo und Silvia switchten souverän zwischen beiden Sprachen. Wir hatten sogar eine kleine deutschsprachige Abordnung, weil meine liebenswerte bayrische Kollegin Beate Mayer Assistentin war. Noch dazu kam eine Teilnehmerin aus Kärnten.
8) Das leibliche Wohl
Als ich Massimo für das üppige, jedoch gesunde Mittagsbuffet ein Kompliment aussprach, erzählte er mir, dass seine Erfahrungen in Deutschland und England ihm die Bedeutung von guter Kursverpflegung bewusst gemacht hatten! Italienischer Espresso hielt uns alle munter während der doch langen Kurstage. Am Samstagabend gingen alle Teilnehmerinnen und Teilnehmer zu einer lokalen Osteria und wurden mit einem achtgängigen Menu verwöhnt. Am Ende des Kurses wurden Massimo und Silvia wohlverdient von Linda zu Tellington Instruktoren gekürt. Darauf floss natürlich der Prosecco; schließlich waren wir in Friaul.
9) Und, last but not least – neue Freunde
Manchmal muss man etwas weiter reisen, um zu entdecken, dass echt sympathische Menschen fast vor der eigenen Haustüre wohnen. Danke, Barbara, dass ich mit deiner Stute Konfetti arbeiten durfte und ich hoffe, wir sehen uns bald wieder!
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