Zweifellos lieben wir unsere Pferde. Wissen wir eigentlich warum? Ich denke es gibt so viele verschiedene Gründe warum wir Pferde im Allgemein lieben. Für manche ist es das Gefühl der Freiheit, wenn sie hoch zu Ross durch die Wälder streifen, das ihr Herz schneller schlagen lässt. Für andere mag es die Faszination des Zusammenspieles zweier Körper beim Dressurreiten sein. Manche lieben die Ruhe, die Pferde ausstrahlen, wenn sie Heu mampfen. Andere bewundern die Kombination aus Größe und Sanftmut.
Aber wie ist es mit dem eigenen Pferd, egal ob wir dieses Pferd auf Papier besitzen oder ob unser Herz ihm auf eine andere Weise gehört? Liebt man dieses Pferd so wie es ist, mit allem was dazugehört, mit seinen Stärken und Schwächen? Bedingungslose Liebe wird oft als erstrebenswertes Konzept vorgelegt, aber ist das überhaupt möglich mit Pferden? Definieren wir mal bedingungslose Liebe. Laut Wikihow ist es eine Wahlmöglichkeit, eine Entscheidung zur Liebe, unabhängig von Umständen oder Enttäuschungen. Das heißt, das Pferd zu lieben, egal ob es unsere Erwartungen erfüllt oder nicht oder gar Fehler macht. Kann man seine Träume von S-Dressur-Lektionen zur Seite legen, weil das Pferd vielleicht nicht das passende Exterieur hat und sich trotzdem über kleine Fortschritte wie ein paar Tritte Schultervor freuen? Kann man sich von seinen Wünschen nach langen Wanderritten mit nur sich und dem Pferd, allein in der Natur verabschieden, wenn das Pferd nicht das mutigste ist und lieber gemeinsam mit Pferdekollegen unterwegs ist?
Die Liebe einer Mutter zu ihrem Kind wird oft als Paradebeispiel für bedingungslose Liebe genannt. Es gibt sicherlich Parallelen. Ein Pferd hat keinen freien Willen, es kann nicht einfach seinen Koffer packen und in den Offenstall ziehen. Daher tragen wir auch Verantwortung für es. Ein Pferd weiß auch nicht, dass der böse Tierarzt es eigentlich nur gegen Tetanus impfen muss, weil Tetanus tödlich ist. Ab einem gewissen Alter, kann man Kindern so was mündlich erklären. Was wir jedoch machen können, ist das Pferd auf eine neue Aufgabe vorzubereiten. Zum Beispiel kann man ein Pferd auf eine Wurmkur vorbereiten, in dem man TTouches um das Maul macht, die Syringe mit Apfelsaft ein paar Mal befüllen usw.
Wir haben jedoch alle Erwartungen an unseren Pferden, z.B. dass sie uns nicht beißen, schlagen oder umrempeln. Wir möchten doch, dass das Pferd beim Aufsteigen stillsteht und mehr oder weniger unseren Hilfen folgt. Wenn unsere Liebe bedingungslos wäre, wäre mir das nicht eigentlich egal? Die Antwort muss Nein lauten, weil bedingungslose Liebe nicht blind ist. Die Sache ist, wir lieben unser Pferd, wir haben aber auch eine Partnerschaft mit ihm. Eine Partnerschaft zu haben bedeutet eine Beziehung zu haben und in einer funktionierenden Beziehung gibt es gewisse Regeln und Erwartungen. In einer guten Beziehung fühlt man sich sicher. Eine Regel kann sein, das Pferd reibt sich nicht an mir. Das Pferd hat auch vielleicht die Erwartung, dass sein Besitzer es gleich behandelt, egal ob der Mensch einen schlechten Tag im Büro hatte oder nicht. Es kommt vor, dass man als Reiter gewisse Kompetenzen vom Pferd erwartet und das Pferd kann sie körperlich oder mental nicht erfüllen. Oder andersherum. Diese Partnerschaft zu beenden ist auch eine Möglichkeit zu lieben. Wenn ein Pferd und ein Mensch trotz aller Einsicht nicht harmonieren, ist es nicht verkehrt ein neues Zuhause für das Pferd zu finden, wo die gegenseitigen Erwartungen leichter zu erfüllen sind.
Ich gebe zu, es ist oft eine Gratwanderung. Ich habe Pferdebesitzer getroffen, die von ihren Pferden gar nichts fordern, weil sie möchten, dass das Pferd sie liebt. Oder erlauben ihren Pferden alles und werden hinter ihren Pferden hergezogen sobald ein Stückchen Grass in der Nähe ist. Grenzen festzulegen ist kein Zeichen von mangelnder Liebe. Meiner Meinung nach ist es wichtig zu beobachten, warum das Pferd Grenzen nicht einhalten kann und mit diesem Verständnis dem Pferd Schritt zu Schritt zu erklären was diese Grenzen sind.
Spannend ist auch die Frage, ob unserer Pferde uns lieben. Bei einem schwanzwedelnden Hund, der sein Herrli förmlich zur Begrüßung umrennt, können wir sicherlich leichter Liebe interpretieren. Aber ein Pferd? Es lebt keine 24 Stunden bei uns. In einer idealen Herdenhaltung ist es daher nicht so angewiesen auf unsere Zuneigung. Nichtsdestotrotz freuen sich viele Pferde auf unsere Anwesenheit, vorausgesetzt wir beschäftigen uns auf eine faire Weise mit ihnen.
Eines ist sicher, Pferde haben ein großes Herz. Weil sie unsere Fehler immer wieder verzeihen.